Dienstag, 19. August 2014

Der junge Weißkönig lernt fechten

von Jan Schäfer

Die im Folgenden vorgestellten Textpassagen aus dem Weißkönig stellen die literarisierte fechterische Ausbildung des zukünftigen Kaisers Maximilian I. (1) dar.  Die illustrierenden Holzschnitte zeigen den Weißkönig im Bloßfechten mit Schwert, Messer und Stange unter der Aufsicht eines Fechtmeisters, im Harnischfechten mit Tartsche und Pavese und im Harnischfechten mit Hellebarden. Das Rossfechten ist nicht bebildert.

Der Text

[Seite 92]

Wie der Weyß kunig, maisterlichen was, Ploß zufechten.

Der Jung weiß kunig, betrachtet auch in seiner Jugent, in Jme selbst, wie Jme gezimbet, vnd auch not were, das Er lernet in allerlay waffen fechten, vnd auf soelches, lernet Er in den Schwertern, stangen, kurtzen, vnd langen degen, Landßknechtspießen, drischln, Messern, vnd Tilitz, Ploß fechten, vnd begriff die maisterstuck, vnd den Rechten grunt, in kutzer zeit, vnd ubet sich in sonderhait vast damit, vnd ward daryn gar maisterlichn, vnd kunstlichen vnd kvnde die Waffen alle, gar wohl prauchen, nach seiner schicklichkait, vnd nach seiner sterckh, vnd damit man wissen mag, sein schicklichkait ploß zufechten, So hat Er als Er zu seinen Jarn kam, offtmals ainen starcken Landsknechtspieß genomen, vnd denselben spieß, von freyer handt, in ainem pam, zu zwayen stucken gestossen, das Jme kainer, nye nach mugen thun.


[Seite 93]

Wie der Jung Weyß kunig, auf Behamisch, vnd husaerisch, in Pafeßen, vnd taertschl, hat lernen fechten.

Alspaldt der Jung weiß kunig, das ploß fechten begriffen het, lernet Er zustvndtan zu fueß in der Behamischn pafesen, vnd zu Roß in dem hussarischn taertschlein, mit dem lantzl, mit dem Sebel, mit der Morthackn, vnd mit der wurfhacken, fechten, vnd keret darynnen auch gueten vleyss fur, vnd wurde daryn gar maisterlich, vnd erdacht in soelichem fechten, Newe schleg, vnd eingriff, die Er dann offt prauchet, vnd dardurch albegen seinen widertail uberwanndt, des sich dann die alten fechter, die in schimpf vnd Ernst gefochten heten, vast verwvndertn, seiner New erfindung, damit er Inen allen oblag, vnd in seinen Jaren kam Ime soelich fechten, das Er kvndt, in den atreiten zu grossem Nutz, dann wann das volkh, mit den pafesen, oder das volk mit den taertschlein, wider Ine in den streit zugen, so wisset er sein kriegsfolkh, darnach zu ordnen, das Er den veindtn, Irn vortail, den Sy mit den pafesen, vnd taertschlin prauchten, abnam vnd Sy in dem streit albegen schlueg.

[Seite 94]

Wie der Jung weiß kunig maisterlich was, gewappnet zu fechten.

Als nun der Jung weiß kunig, het gelernt ploß auch in den pafesen, vnnd taertschlin zufechten, beweget Er aus vil treffenlichen Ursachen, das Ime insonderhait not thun wurde, das Er kindet gewappnet fechten zu Roß vnd zu fueß, dann an ainem soelichem fechten, ist ainem grosmechtigen kunig, am maisten gelegen, vnd hueb an mit grossem Ernnstlichem vleiss zulernen, im harnasch gewappnet zu fechten, vnd anfenngklichen zu fueß im alspies, vnd in der helmparten, vnd darnach zu Roß mit dem Reitswert, vnd mit dem kurzen Reitdegen, Auch mit dem kolben, vnd Raißspieß, vnd warde darynnen gar maisterlichen vnd aus demselben fechten fandt Er dermassen Neue kampfsstuckh, das Er dardurch in allen kempfen, die Er gethan hat, albegen obgelegen ist, vnd in allen streiten wann gewappnet volckh wider Ine zoch, so wisset Er mit seinem kriegsfolk, dasselb gewappnet volkh, dermassen mit vortail anzugreifen, das er Sy  zertailet, vnd abtrib, Er hat auch in allen Ritterspilen, kempfen, vnd streiten, allen denen die mit Ime gefochten haben, Ire waffen zu Roß vnd zu fueß, durch sein schicklichait, vnd verporgen kampfsstuck, wissen zu nemen, vnd mit dem Raißspieß, den zu prauchen in schimpf vnd Ernst, hat Ime nyemands geleichen mugen.


[Seite 95]

Wie der Jung Weyß kunig, in allen Ritterspilen, Auch in Teutschen, vnd Welschen Stechen ubertreffenlichen was.

Nachdem nun der Jung weiß kunig, das fechten zu Roß vnd fueß genugsamlichen gelernt het, vnd darynnen mit den verporgen maisterstucken kunstlichen was, da hueb er darnach an, sich zu ueben, in den Ritterspilen, mit Rennen, vnd stechen, vnd befandt das ainer, der in den Ritterspilen, beruembt wolt werden, die Uebung mit den taten, vnd nit die lernung mit den werken, prauchen muesset, wie pald hat diser Jung kunig, aus seinem verstandt, den rechten grvndt der Ritterspil fur sich genomen, vnd sich auch also geuebt, vnd von dem Ringen, zu den sweren Riterspilen, gegriffen, vnd darynnen albegen den preiß behalten, vnd als Er, zu seiner Manssterk kam, da uebet Er sich in dem hochen zewg zu stechen, vnd ubertraf darynnen, alle ander, dann Er mit seiner schicklichait, den spieß selbs einleget. Er hat auch in seinen kunigreichn, am Ersten das stechen über die Schrannken aufpracht, dasselb Stechen Er, in ainer grossen zal getriben, volpracht, vnd darynnen albeg fur die andern, den preiß erstochen, Er hat auch, vnder den pvndten vilmal gerennt da, im treffen, baid Schilt, in die hoech sprungen, das dann lustig ist zu sehen, Aber sorglich zuthun, In demselben Rennen, hat Er sich aus freyer schicklichait, dermassen wissen zubehelfen, das Er darynnen albegen obgelegen ist, vnd oft ainem damit, ain Ritterlich hofstuck bewisen, hat auch alle ander gestech, vnd Rennen, die in der welt offenbar sein gewesen, Darzu alle ander Ritterspil, wie mans Erdennken hat mugen, getribn, auf teutsch vilmalen scharf gerent, auch oft Torniert, vnd Ernstliche kempf gethan, vnd wann Er Je ain zeit, mit den kriegen stil gestanden ist, so hat er an seinem hof, alle Ritterspil mit grossen frewden treiben lassn, vnd ist albegen, mit seiner personn, selbs darynnen gewest, sein kunigelicher hof, ist mit den Ritterspiln, in aller weit dermassen bekant gewest, das von vil kunigen vil fursten, Grafen, herrn vnd Ritter an des weißen kunigs hof gezogen sein, die dann albegen mit den Ritterspilen, durch den weißen kunig gewert, vnd ubersigt worden sein, dardurch ist zu mercken, dieweil der weiß kunig, als ain grosmechtiger herr, sovil vnd soeliche tapfere, vnd Ernstliche Ritterspil getriben hat, das Er sein Ritterliche handt, nach kuniglicher Eer gepoten, die Er dann in der menschen kunftign gedaechtnus mit grosser Eer Erlangt hat.

Anmerkungen

(1) Maximilian I.: Geboren 1459 in der Wiener Neustadt, König seit 1486, Kaiser seit 1508, gestorben 1519 in Wels; siehe zur Biographie: Wiesflecker, Hermann, „Maximilian I.“, in: Neue Deutsche Biographie 16. Duncker & Humblot, Berlin 1990, S. 458-471 [Online-Version].
(2) Vollständiger Titel: Der Weiß-Kunig: eine Erzählung von den Thaten Kaiser Maximilian des Ersten, herausgegeben aus dem Manuscripte der kaiserl. königl. Hofbibliothek von Marx Treitzsaurwein auf dessen Angeben zugetragen, nebst d. von Hannsen Burgmair dazu verfertigten Holzschnitten. Wien, 1775. [Digitalisat Universitätsbibliothek Heidelberg]

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