Mittwoch, 13. August 2014

Fecht- und Tanzschüler gratulieren dem sächsischen Kabinettsminister und Geheimen Rat Ernst Christoph, Grafen von Manteufel (1743)

von Jan Schäfer

Die Universität Leipzig feierte im Jahr 1743 zu Ehren Sr. Königl. Majest. in Pohlen und Churfuerstl. Durchlaucht Cabinetsministers und und wirklich geheimen Raths Ernst Christophs, Grafen von Manteufel (1) ein akademisches Fest, weil jener vor 50 Jahren in Leipzig sein Studium aufgenommen hatte und seither immer wieder als ein Förderer der Universität aufgetreten war. Bei Bernhard Christoph Breitkopf in Leipzig erschien im selben Jahr eine Verschriftlichung der Feier mit allen [...] Schriften, Reden und Gedichten unter dem Titel:
Beschreibung der akademischen Jubelfeyer Sr. Excellenz des Erlauchten und Hochgebohrnen Herrn Hrn. Ernst Christophs, des H. R. R. Grafen von Manteufel, Sr. Königl. Majest. in Pohlen und Churfuerstl. Durchlaucht Cabinetsministers und und wirklich geheimen Raths, wie auch des weißen Adlerordens Ritters, Starosten von Nowodwar, Erbherrn auf Kerstin, Kruckenbeck, Gandelin, Kruhne, Lauer, Goensdorf etc. nebst allen bey dieser Gelegenheit verfertigten Schriften, Reden und Gedichten. Leipzig, Breitkopf 1743. (2)

Unter die Gratulanten der akademischen Feier gesellten sich zu Professoren, ehemaligen und immatrikulierten Studenten auch die Vertreter zweier Fecht- und zweier Tanzböden aus Leipzig, die die körperlichen Exercitii der universitären Ausbildung repräsentierten: Schüler des Wolf'schen und Gellert'schen Fechtbodens und des Paschen'schen und Lieb'schen Tanzbodens.

Der Text
[Seite 28] […] Da Seine Hochreichsgraefl. Excellenz aber nicht allein ein großer Liebhaber und Befoerderer der freyen Kuenste und Wissenschaften sind; sondern auch alles dasjenige hoch schaetzen, was zu einer vollkommenen Erziehung gereichen, und die Jugend nur einiger maßen geschickt machen kann; ja sich selbst ehemals von allen diesen Sachen eine sonderbare Fertigkeit erworben haben: so sollte auch nicht allein die Universitaet und deren vornehmste Mitglieder, Seiner Excellenz ihr Vergnuegen an diesem Tage zu erkennen geben; sondern es wollte auch der Wolfische und Gellertische Fechtboden, so wie der Paschische und Liebichsche Tanzboden, als welche die vier vornehmsten Boeden allhier sind, an dessen Feyer Theil nehmen. Es waren diejenigen Herren vom Adel und Buergerstande, welche sich auf denselben ueben, eines geworden, Seiner Excellenz gleichfalls ihre Ehrfurcht zu bezeugen, und einige aus ihren Mitteln an Dieselben abzsuchicken. Diese

[Seite 29] Diese wurden nun, so wie sie sich nacheinander einstellten, zu Seiner Excellenz ins Zimmer gefuehret, da sie denn bey Denselben ihre Glueckwuensche ablegten

Von dem Fechtboden des Herrn Wolfs, der damals als Seine Excellenz sich vor 50 Jahren in dieser ritterlichen Uebung eine Fertigkeit erwarben, bey Dero lehrymeister Vorfechter gewesen, kamen

Herr Lieuten. Christoph Friedrich von Mihlendorf, Freyherr von Manteufel,
Herr Johann Friedrich von Ponickau,
Herr Detleff von Buchwald,
Herr Caspar Nicol. Siegmund von Debschuetz,
Herr M. Georg Zacharisa Winkler, nebst den beyden Soehnen des Herrn Fechtmeisters
Herrn Carl Friedrich Wolfen, und
Herrn Gottfried Lebrecht Wolfen.

Der Herr von Mihlendorf, welcher eben derjenige war, der gestern vor Seiner hochreichsgraefl. Excellenz die philosophischen Saetze verfochten hatte, redete Seine Excellenz folgendergestalt an:

Illustrissime Sacri Romani Imperii
Comes,
Domine ac Fautor gratiosissime, (3)

Dieses ist der glueckliche Tag, an welchem Ew. Hochreichsgraeflich. Excellenz, das erste Tageslicht erblickten; der Tag, sage ich, ist es, an welchem Dero hohen Eltern, ein geliebter Sohn, Dero Landesleuten eine Zierde, den Musen eine sichere Stuetze,

[Seite 30] Stuetze, den Koenigen und den Prinzen Trost und Vergnuegen, und die ungezweifelte Hoffnung der Glueckseligkeit dieser hohen Schule gebohren worden. Was haette uns wohl angenehmers, und erfreulichers begegnen koennen, als das Andekne ideses Tages mit aufrichtigem Gemuethe zu verehren, und das Vergnuegen, wovon schon alle Straßen dieser Stadt voll sind, aus Dero hohem Wohlseyn zu empfinden? Doch damit unsre Freude vollkommen sey; so sind es eben itzt 50 Jahre, da Ew. Hochreichsgraefliche Excellenz unter die Mitglieder der hiesigen hohen Schule aufgenommen worden. Es freuet sich dieser Musensitz wegen einer so besondern Begebenheit; er freuet sich, daß er einen aus seinen Mitteln mit allen Ehrenaemtern gekroent, nach 50 Jahren wiederum in seinen Schoß aufnehmen, und durch dessen Gegenwart seinen Glanz, und sein Ansehen vermehren kann. Es freuet sich auch diese studirende Jugend, welche dem Fechten oblieget, und deren Lehrmeister Wolf, sonst unter einem Fechtmeister mit Ihnen zu fechten die Gnade gehabt hat; und sie hat es mir insbesondere aufgetragen, Ew. Hochreichsgraefl. Excellenz in ihrem namen an diesem tage Glueck zu wuenschen. Ich habe diese Bemuehung um so viel freudiger uebernommen, indem ich dadurch zugleich eine Gelegenheit

[Seite 31] heit erhalte, mein erkenntliches Gemuethe gegen Ew. Hochreichsgraefl. Excellenz oeffentlich an den Tag zu legen. Es haben Dieselben alle Besorgung meiner Erziehung uebernommen, mich mit vielen Wohlthaten ueberhaeuft, und begnadigt, so daß man wenig finden wird, was Denenselben ich nicht zu danken haette. Ew. Hochreichsgraefl. Excellenz sind es, die mir einen freyen Zutritt zu allen Wissenschaften verschaffen; Denenselben habe ich es zu danken, daß ich auf dieser hohen Schule bin; Sie haben mir endlich die usnchaetzbare Gnade Sr. Koenigl. Maj. von Polen, und Chrufuerstl. Durchlauchtigkeit zu Sachsen erworben, daß ich, nach Erlernung erforderlicher Wissenschaften, unter diesem so maechtigen Koenige, die Waffen tragen kann. Sie sind es, Hochwohlgebohrner Herr Hofrath von Walther, welcher in dem Namen St. Koeniglichen Majestaet, hierhergekommen sind, und welcher von uns ewig verehret werden wird; Sie sind es, sage ich, durch welchen ich hoffe, daß dieser großmaechtige und allergnaedigste Koenig die heißen Wuensche, welche ich fuer sein hohes Wohlseyn gen Himmel schicke, erfahren wird.
Ihnen aber, Erlauchter, Hochgebohrner Reichsgraf, uebergebe ich mich gaenzlich; keine, auch nicht die allerspaetesten Zeiten, werden das Andenken solcher Wohlthaten jemals

[Seite 32] jemal bey mir zu verloeschen im Stande seyn. Der gnaedige Gott lasse Dero Wohl dauerhaft seyn, damit so wohl ganz Europa von Dero weisen Rathschluessen, als auch die Verehrer der Wahrheiten und der freyen Kuenste, von Dero nachdruecklichem Beystande die reichsten Fruechte einsammeln moegen! Es erhalte der Beherrscher aller Dinge Ew. Hochreichsgraefl. Excellenz, damit diese studierende Jugend noch lange zeit ein treffliches Beyspiel der Ehre, des Verstandes, und der Tugend vor Augen habe, dessen ruehmlichen Fußstapfen sie nacheifern koenne, ob sie es gleich Ew. Hochreichsgraefl. Excellenz so gluecklich schwerlich nachthun wird. Es ist nichts mehr uebrig, als Ew. Hochreichsgraefl. Excellenz noch unterthaenigst zu bitten, daß Dieselben die Gnade, welche Sie uns bisher gewuerdiget haben, noch bestaendig fort dauren, und diese meine kleine Anrede sich in Gnaden gefallen lassen.

Hierauf traten die Abgeordneten von des Herrn Tanzmeisters Paschens Boden (4) ins Zimmer, dessen Vater ehemals Seiner Hochreichsgraeflichen Excellenz zu einer geschickten Leibesstellung Anweisung gegeben. Es waren solche:

Herr Hauptmann, Graf von Keiserling,
Herr Hanns Heinrich von Hohberg,
Herr Johann Friedrich von Ponickau,
Herr Christian Ludwig Stieglitz, aus Leipzig,
Herr Carl Ernst Winkler, aus Leipzig,

Herr

[Seite 33] Herr Jacob Heinrich Weise, aus Dreßden, und
Herr Johann Christian Lehmann, aus Dresßden.

Der Herr von Hohberg fuehrte in ihrem Namen folgender maßen das Wort:

Das Vergnuegen, welches den heutigen Tag begleitet, druecket sich bey unsrer hohen Schule so allgemein aus, als Eurer Excellenz Gnade fuer dieselbe groß ist. Ich will nicht von den besonderen Vorzuegen reden, welche diejenige bey Eurer Excellenz genießen, unter denen die Wissenschaften hoeher steigen. Nein! davon moegen unsere Lehrer, und alle die großen Gelehrten, die Leipzig Ehre machen, sprechen. Ich will hier nur anfuehren, daß auch diejenigen, die erst die Anfangsgruende in denen Wissenschaften, dadurch sich jene groß gemacht haben, lernen, so viel Gnade von Eur. Excellenz empfangen haben, daß sie an Dero akademischem Jubelfeste und der Erneuerung jenes gluecklichen Tages, der der Welt einen so großen Staatsminister und den Musen einen so gnaedigen Beschuetzer geschenket, auch ihre Freude ausbrechen lassen wollen; weil ihnen nur dieser Weg offen steht, sich der Gnade und Hochachtung, sie sie von Eur. Excellenz genießen, einigermaßen wuerdig zu machen. Sie haben sich deswegen heute in verschiedene Haufen zertheilet, und lassen etliche in ihrem namen reden, weil ein Mund ihnen viel zu wenig scheint, das Wohl und die Glueckseligkeiten auszudruecken, die ihre Herzen Eur. Excellenz anwuenschen. Hiervon hat eine Gesellschaft, die sich bemuehet, durch eine edele Stellung des Leibes und durch ein ungezwungenes und freymuethiges Wesen, den Geschicklichkeiten des Geistes ein desto annehmlicheres Ansehen zu geben, gegenwaertige Herren an Eure Excellenz abgeschicket, von dem Vergnuegen, das sie alle empfinden, zu zeugen, und mir die Ehre gegeben, davon zu reden. Sie schmeicheln sich, daß Eure Excellenz diesen schwachen Ausdruck der Freude, von der ihre Herzen voll sind, eben so gnaedig aufnehmen werden, als Dieselben die oeffentlichen proben ihrer Leibesuebungen zu unterschiedenen malen Dero hohen Gegenwart gewuerdiget. Ließe nur der Himmel seine Rathschlusse durch unsre Wuensche brechen: so wurde Eurer Excellenz unschaetzbares Leben wenigstens so dauerhaft seyn, als Kuenste und Wissenschaften unter dem glorreichen Zepter der Wittekinder hier bluehen werden. Wir hoffen aber odch ganz ungezweifelt, daß Leipzig, ja die ganze gelehrte Welt, noch lange Jahre die Fruechte von Eur. Excellenz Gnade einerndten koennen; und wir nehmen uns insbesondere die Freyheit,

[Seite 34] heur, Eure Excellenz um Dero Gnade auch auf das Kuenftige zu bitten. Ich aber, gnaediger Herr, mache mir daraus eine ganz besondere Ehre, daß ich mich bey einer so angenehmen Gelegenheit das erstemal Eurer Excellenz vorstellen kann, weil ich hoffe, daß Dero Gnade und Großmuth die Fehler eines ungeuebten Redners von der allgemeinen Freude desto eher bedecken lassen wird.

Nach diesen fanden sich ein:
Herr Christoph Ernst von Globig,
Herr Julius Friedrich von Hartitzsch,
Herr Gottlieb Adolph Sonnenkalb, aus Naumburg, und
Herr Matthias Holst, aus Riga in Liefland.

Diese waren von dem Tanzboden des Herrn Liebichs abgeordnet, und der Herr von Globig machte Seiner Excellenz folgendes Compliment:

Eure Hochreichsgraefl. Excellenz erlauben gnaedigst, daß wir diejenige Ehrfurcht hier unterthaenigst zu erkennen geben, welche unser Tanzmeister Liebich und alle seine Scholaren heute, nebst vielen andern, bey sich empfinden. Hierzu treibt uns unsere Pflicht an, vermoege der wird, an Eur. Hochreichsgraefl. Excellenz hohem Geburths= und akademischen Jubelfeste, unsern Glueckwunsch unterthaenigst abstatten sollen. Erreichet derselbe seinen Endzweck: so werden sich, auch noch viele Jahre, die aufrichtigsten Freudenbezeugungen über Eur. Excellenz und Dero hohen Hauses Flor aeußern; und wir werden es fuer das groeßte Glueck achten, wenn wir Eur. Hochreichsgraefl. Excellenz Gnade versichert seyn koennen, zu der wir uns hier unterthaenigst empfehlen.

Herauf erschienen von denen Herren, welche sich unter des Herrn Gellerts Anweisung im Fechten ueben:

Herr Friedrich Gottlieb von Holzendorf,
Herr georg Wolf Erasmus von Hartitzsch,
Herr August Christian Heinrich von Koenitz,
Herr Carl Siegmund Kazowski,
Herr Gottfried Ludwig Beyer, aus Dreßden, und
Herr Joh. Andreas Brinkmann, aus Leipzig

Da

[Seite 35] Da denn der Herr von Holzendorf Seine Excellenz auf diese Art anredete:

Erlauchter Reichsgraf,
Gnaediger Herr,

So groß und allgemein der Ruhm ist, welchen sich Eure Hochreichsgraefliche Excellenz so wurerdig erworben haben; so groß und allgemein ist auch, bey diesem erfreuten und seltenen Feste, das Vergnuegen, in aller derjenigen Herzen, welche der Tugend Glueck, und der Weisheit Belohnung goennen. Es ist mir aufgetragen worden, Eurer Hochreichsgraeflichen Excellenz, im Namen derjenigen studirenden Jugend, welche sich auf dem Gelelrtschen Fechtboden, in den ritterliche Uebungen geschickt machet, und von welcher mich gegenwaertig einige begleiten, diese allgemeine Freude, besonders und gehorsamst zu bezeugen: und ich habe das Glueck, Dieselben unterthaenigst zu versichern, daß es uns allen die angenehmste und wichtigste Uebung seyn werde, Deroselben hohen Werth als ein ausnehmendes Muster zu erkennen und zu verehren, und ihm das groeste Glueck und die vollkommenste Belohnung zu wuenschen.

Seine Hochreichsgraefliche Excellenz beantworteten diese Complimente insgesamt sehr gnaedig, und bezeugten einer jeden Gesellschaft von diesen abgeordneten Herren insbesondere, wie sehr Sie von ihren Glueckwuenschen geruehret worden; und was fuer ein Vergnuegen Sie eingenommen haette, daß dieselben an Dero Feyer dieses Tages mit so liebreichen Herzen haetten Theil nehmen wollen. Nachdem sich also diese Herren mit der Versicherung einer beharrlichen Gnade von Seiner Excellenz wiederum zurueck begeben: So nahte sich ein hieselbst studierender Vetter Seiner Excellenz, Herr Joachim Ernst von Manteufel, welcher Dieselben, wie auch den Koeniglichen Herrn Commissarium, zur Anhoerung einer Rede einlud, die er in dem philosophischen Hoersaale, zur Verherrlichung dieses Tages, und zum Lobe Seiner Excellenz, halten wollte. [...]

Anmerkungen:

(1) Ernst Christoph von Manteuffel (1676-1749), siehe Flathe, Heinrich Theodor, „Manteuffel, Ernst Christoph“, in: Allgemeine Deutsche Biographie (1884), S. 256-257 [Onlinefassung]
(2) Digitalisat einsehbar bei [Slub Dresden].
(3) Der Text ist im Original zweispaltig in Latein und Deutsch abgedruckt. Für die vorliegende Transkription wurde nur der deutsche Text übertragen.
(4) Es handelt sich hier höchstwahrscheinlich um einen Sohn von Johann Paschen (1653-1710), der den Tanzboden seines Vaters weiterführte. Johann Paschen war Tanzmeister in Leipzig und Autor der „Beschreibung wahrer Tanzkunst“ (1707). Vgl. Thesaurus sowie Petermann, Kurt (Hrsg.): Johann Paschens Beschreibung wahrer Tanz-Kunst. Zentralantiquariat, Leipzig 1981.

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