Samstag, 8. November 2014

Das Duellmandat der Universitätsstadt Jena von 1694 - ein Beispiel für ordnende Policeygesetzgebung im 17. Jahrhundert

von Jan Schäfer

Am 16. Dezember 1694 wurde im Namen von Johann Georg II. von Sachsen-Eisenach (1665-1698) für dessen Universitätsstadt Jena (1) ein Duellmandat unter dem Titel

Duell-Mandat und Verordnung / Wornach alle und jede auf Seiner Fürstl. Durchl. Gesammten Universität Jena befindliche Studiosi und sonst männiglich dasebst sich gehorsam zu achten (2)

von denen Cantzeln verlesen und sonst publicirt. (3) Derartige Verordnungen gegen das Duellieren wurden in allen Herrschaftsgebieten des Alten Reiches während des 17. und 18. Jahrhunderts erlassen. Sie zählten zur Policeygesetzgebung der frühen Neuzeit und dienten den Herrschern als Werkzeug zur Regulierung der öffentlichen Ordnung. (4) Im folgenden Text ging es um die Sanktionierung von Ehrenhändeln unter Studenten. (5)


Der Text
Desz Durchlauchtigsten Fuersten und Herrn / Herrn Johann Georgens / Herzogs zu Sachsen / Juelich / Cleve und Berg / auch Engern und Westphalen / Landgrafens in Thueringen / Marggrafens zu Meissen / Gefuersteten Grafens zu Henneberg / Grafens zu der Marck / Ravensberg / Sayn und Wittgenstein / Herrn zu Ravenstein / etc.
Duell-Mandat Und Verordnung / Wornach alle und jede auf Seiner Fürstl. Durchl. Gesammten Universität Jena befindliche Studiosi und sonst maenniglich daselbst sich georsamst zu achten / Wie solches den 16. Decembr. 1694 von denen Cantzeln verlesen und sonst publicirt worden.

Von Gottes Gnaden Wir Johan Georg / Hertzog zu Herzogs zu Sachsen / Juelich / Cleve und Berg / auch Engern und Westphale / Landgrafens in Thueringen / Marggrafens zu Meissen / Gefuersteter Graf zu Heneberg / Grafens zu der Marck / Ravensberg / Sayn und Wittgenstein / Herrn zu Ravenstein / etc. thun hierdurch männiglich kund und zu wissen: Demnach Wir zeithero mit grossem Widerwillen verspuehren muessen / dasz auf vormalige oefftere ernste Fuerstliche Verordnung von Rectorn und Professoren Unserer gesamten Universität Jena verschiedentlich ergangene und durch oeffentlichen Anschlag publicirte Verbothe desz ueber,ässigen Sauffens / Nachtschwärmens und Veruebung allerhand Unfugs / bevorab aber desz so hoch untersagten Duellirens und Schlagens von der daselbst studirenden Jugend gantz unverantwortlich ausser Augen gesetzet / dergleichen starffbares Unternehmen einen Weg als den andern fast ungescheuet continuiret / und dadurch nicht allein der Uns zufoerderst / so dann dem Academischen Magistrat schuldige Respect und Gehorsam gaentzlich entzogen / sondern auch durch GOttes Verhaengnuesz verschiedentliche Moerdthaten verursachet / mithin Blutschulden aufs Land und besonders gedachte Unsere gesammte Universität gebracht / und durch vieler betruebten Seufftzen und Thränen die Goettliche Rache angeruffen worden / dieselbe auch vermittels harter Land=Plagen und Straffen zu befahren / woferne diesem allen Goettlochen / Natuerlichen und Weltlichen Rechten zuwider lauffenden Unwesen nicht mit nachdruecklichen Ernst gesteuret werden sollte;
Als sind wir zur Bewerckstellung dessen / Verhuetung fernern Ungluecks und Erhaltung guter Zucht und Erbarkeit / bewogen worden / die vormals emanirten Verbothe solches unChristlichen Duellirens zu wiederholen / selbige nebst denen darauf gesetzten biszher wenig geachteten Straffen nachdruecklich zu schaerffen und durch oeffentlichen Druck und Affigirung dieses Patents zu maennigliches Wissenschaft bringen zu lassen.

Sollen diesemnach alle und jede auf mehrberuehrter Unserer gesamten Universitaet Jena jetzo und kuenfftig sich aufhaltende Studiosi vor allen Dingen eines Gottesfuerchtigen stillen und eingezogenen Lebens sich befleissigen / ihrer Studien fleissig abwarten und alles Schmausens und uebermaessigen Trunkes / woraus die meisten Ungelegenheiten zu entstehen pflegen / deszgleichen des Nachtschwermens und greszlichen abscheulichen Schreyens und Ruffens auf der Strasse / sich allerdings enthalten / mit dieser auszdruecklichen Verwarnung / daz alle diejenigen / so der Schwaelgerey dergestalt ergeben / und solcher mehr als ihren Studiis nachhaengen; deszgleichen die Nachtschwermer und Tumultuanten / ob sie gleich sonsten keinen Excess darbey verueben / dennoch als putrida Acadmiæ membra præscindiret / und anderer Verfuerungen zu verhueten / durch oeffentliche Relegation von Unserer gesamten Universitaet fortgeschafft werden sollen. Damit auch dem so sehr ueberhand genommenen recht Bestialischen naechtlichen Geschrey / Hauen in die Steine / und dergleichen / mit mehrerem Nachdruck gesteuret werde / wollen Wir die ehemals gethane Verordnung anhero wiederholet haben / dasz nehmlich jedweder Hauswuerth / so Studenten bey sich im Hause hat / er sey ein Universitaets=Verwander oder Buerger / sein Hausz Winterszeit um neun und Sommerszeit um zehen Uhr Abends schliessen / und mit blinden Schloessern die Hauszthueren und Auszgaenge inwendig wol verwahren / auch keinen Hausz=Burschen / deren Famulos oder Jungen / unter welcherley Prætext es auch verlanget werde (die unvermeidliche Noth bey Kranckheiten oder sonst auszgenommen) das Hausz wieder eröffnen sollte / bey Straffe zehen Thaler jeglichem Hauszwuerth / ohne Ansehen der Person / welcher darwider handelt / es geschehe dieselbe Nacht gleich ein Unfug oder nicht. Truege sich aber ein Unglueck zu / soll der Hauszwuerth / aus dessen Hause nach obbenannter Zeit der Thäaeer oder der Beschaedigte gelassen worden / mit noch haerterer Straffe belegt / und nach bestandenen Umsaenden wol gar mit der Landes=Verweisung / bevorab wider die / so die Thaeter oder Tumultanten in ihre Hauser einnehmen und hegen / verfahren werden.

Damit auch der Senatus Academicus desto eher hinter die Tumultanten und Verbrechere komen (mit Überstrich) koenne / soll ein jeglicher Hauszwuerth / ohne Unterschied / schuldig und gehalten seyn / den oder diejenige Studenten / so Stuben in seinem Hause bezogen / wenn sie desz Nachts nicht heimkommen / desz folgenden Morgens dem Rectori nahmentlich anzuzeigen / bey Straffe fuenff Thaler / wer einen verschwiegen wird / und sollen die Hauswuerthe / so die Straffe nicht erlegen können / solche im Gefaengnuesz absitzen. Wuerden auch einige Studiosi nach obengesetzter Zeit der Schließung dem Hauszwuerthe im Hause oder fuer der Thuer einige Ungelegenheiten machen / und die Ein= oder Auszlassung mit Gewalt suchen wollen / dieselben soll nicht allein der Hauszwuerth mit denen Seinigen mit Gegengewalt abzuhalten berechtigt seyn / sondern auch die Verbrecher mit vierwoechentlicher Incarcerirung / und / da der veruebte Unfug grosz gewesen / nach darueber mit der Relegation, sammt Ersetzzung alles etwan verursachten Schadens / angesehen werden.

Nachdem auch die ungezaehmte Frechheit etlicher Studenten dahin angewachsen / dasz sie des Nachts bevorab bey Winterszeit / denen Leuten in Haeusern die Liechte gleichsam zu verbiethen / und wo sie eines gesehen / mit Steinen in die Fenster zu werffen / sich unterfangen / solches auch / nebst Schimpffirung ehrlicher Leute oder anderer Studiosorum gar gemein werden wollen / so sollen dafern in Zukunft dergleichen Unwesen sich weiter ereignen sollte / alle diejenigen / welche nach Anzeige ihrer Hauswuerthe selbige Nacht nicht auf ihren Stuben gewesen / noch gnueglich beybringen können / dasz sie solche Nacht ueber bey einem andern Bekanten verblieben / ohne ferner Nachforschung vor die Thaeter gehalten / und sofort nebst Ersetzung alles verursachten Schadens mit der perpetua Relegatione wider sie verfahren / waere aber der Excess gar enorm oder eine Beschaedigung derer Einwohnenden mit vorgelauffen / die Verbrechere in gefaengliche Hafft genommen / specialiter wider sie inquiriet und dieselbe darauf zu gebuehrender Bestraffung gezogen werden.

Damit auch alle Gelegenheit zu Widerwillen / und daraus folgender Schlaegerey moeglichst vermieden bleibe / sollen die Studiosi unter sich bey oeffentlichen und Privat-Zusammenkuenfften / über Tische oder auf der Gassen / sich gegeneinander mit aller Hoefflichkeit bezeigen / und keiner dem andern ungebuehrlich und mit schimpfflichen oder anzueglichen Vexationen begegnen / weniger mit einiger Thaetlichkeit offendiren / dafern aber jedergleichen vorgienge / soll der beleidigte Theil sich nicht geluesten lassen / ihme selbst eigenmaechtige Satisfaction zuschaffen / oder Revange weder sofort noch nach der Zeit durch Rencontern oder Provociren suchen / sondern dem Academiæ Rectori es anzeigen / und desssen richterliche Amts=Hülffe gewarten.

Wuerde aber einer dem andern / aus welcheley Offense oder Ursachen es auch geschehe / entweder selbst auszfordern oder durch Beschickung eines Cartels provociren / soll derselbe / sobald es auszbricht / ob gleich die Balgerey wuercklich nicht erfolget / zur gefaenglichen Hafft gebracht / und weilen die sonst gewoehnliche Academische Straffe der Relegation biszher gar wenig verfangen wollen / die Sache an Uns von der Universitaet berichtet / die Verbrecher darauf ohne Ansehen der Person oder Standes Militari manur von dar abgeholet / und derjenige / so zugleich Author rixæ gewesen / auf zwey Jahr / waere er aber durch schimpffliches Begegenen oder Thaetlichkeit lacessiret worden / auf ein Jahr mit Gefaengnuesz oder Condemnation opus publicum oder andere dergleichen Arbeit bestraffet / der Hafft auch vor Abstattung aller auf ihn solche Zeit ueber gewendeten Kosten / nicht erlassen / darauff von mehrberuehrter Universitaet in perpetuum relegiret werden / waere er ueber disz eines unserer Landes=Kinder / soll er aller Beneficien / so er zu geniessen oder zu gewarten haette / verlustig / ihme auch alle kuenfftige Befoerderungen / sie haben Nahmen wie sie wollen / schlechterdings versagt und abgeschnitten seyn.

Gleichergestalt soll der Provocatus, da er sich unternehmen wuerde / der beschehenen Provocaion nach / zu erscheinen / obgleich das Duell nicht vor sich gienge / ebenmaessig auf nur gemeldte Weise da er aber nicht erschienen / gleichwohl die beschehene Provocation dem Senatui Academio verschwiegen / mit einer halbjaehriger Gefaengnuesz und Verlust seiner Beneficien bestrafft werden; Gewoenne aber das Duell seinen wuercklichen Fortgang / es geschehe solches in= oder ausserhalb Unserer Lande / es gehe auch gleich ohne einige Beschaedigung ab oder nicht / sollen beyde Provocant und Provocat, sobald man sich ihrer bemaechtigen kan / zu Hafft gebracht / obgedachter massen abgeholet / und drey Jahr lang / der Authro rixæ aber vier Jahr mit schwerer Gefaengnuesz oder Arbeit beleget / und darauff Unseres Fuerstenthums und Lande auf Ewig verwiesen / die Landes=Kinder hierueber um den vierten Theil ihre Vermoegens / so sie in Unsern Landen entweder wuercklich besitzen oder doch zu gewarten haben / bestraft / und solche quarta zu stipendiis, Frey=Tischen / oder anderer Unserer gesamten Universitaet erspieszlichen Aufnehmen angewendet werden.

Wo auch GOtt aus gerechten Gerichte verhienge / dasz bey solchen Duellen einer entleibet wuerde / soll dessen Coerper durch den Nachrichter auf der gemeinen Feimstädt begraben / der Thaeter aber / da er zu erlangen / ohne Ansehen / er sey Provocant, oder Provocat, Beleidiger oder Beleidigter gewesen / ohne weitlaeuffigte Defensions-Verstattung durchs Schwerd hingerichtet / der Coerper unter den Galgen begraben / und also die Blutschulden vom Lande abgethan werden. Wie dann auch nach Befindung der Umstände gleiche Todes=Straffe / jedoch ausser dem schimpfflichen Begraebnuess / derjenige Duellant sol zu gewarten haben / der zwar seinen Gegenpart nicht entleibet / jedoch solcher massen beschaediget / dasz er darob Zeit seines Lebens ein ungesunder Mensch seyn musz / gestalt auch der Beschaedigte des Verpoenten und Duellirens halber mit ewiger Landes=Verweisung gestrafft werden soll.

Belangend naechst dem die Besprecher / so einen im Namen des andern entweder selbst oder durch ueberbrachtes Cartes auszfordern / deszgleichen die Seconden / sollen diejenige Studenten / so sich zu dergleichen Beschick= und Auszforderungen oder Uberbringung desz Cartels gebrauchen lassen / da das angesonnene Duell seinen Fortgang nicht erreichte / mit sechswoechentlicher Gefaengnuesz und darauf folgenden ewigen Relegation angesehen / da aber das Duell seinen Fortgang erreichte / die Besprechere sowol als Seconden ebenmässig zur Hafft gebracht / und ein Jahr lang mit Gefaengnuesz oder Arbeit mehrgedachter massen belegt / die Landes=Kinder auch hierueber mit offtberuerter Entziehung ihrer Beneficien und Befoerderung angesehen: Truege sich aber bey dem Duelliren eine Entleibung zu / die gesetzte Poen geschärfft und nach Befidnung auf Leibes Straffe vergrössert / diejenigen aber / so nicht Studiosi und sich zu dergleichen Cartel-Tragen / Auszfordern und Secondiren gebrauchen lassen / sollen mit Zeitlicher oder nach Befindung mit ewiger Landes=Verweisung auch wol gar mit gleicher Leibes=Straffe angesehen werden; da sich aber Studenten=Jungen / die insgemein zu dergeichen Boszheiten geneigt und begierig sind / solche Cartel oder Auszforderungs=Briefe ueberbringen / die Degen dazu hinaus tragen / oder in andere Wege die Balgerey befoerdern wuerden / sind dieselbe von dem Buettel im Gefaengnuesz mit Ruthen scharff zu streichen / auch nach Befindung ebenmaessig desz Landes zu verweisen; Wie dann auch die Hausz= und Tisch=Wuerthe / so von der vorhandenen Auszforderung und Balgerey gewust / und solche nicht gehindert / oder alsofort angezeiget / ingleichen die / so einige Foerdernuesz darzu gethan / es geschehe in was Weges es wolle / nach Gelegenheit der Personen und befundenen Umstaenden / mit der Remotion ab Officio, ansehnlicher Geldstraffe / Landes=Verweisung oder Gefaengnuesz unauszbleiblich zu belegen.

Nachdem auch die Erfahrung giebt / wie dergleichen Provocationes und Schlaegereyen oeffters unter dem Rahmen eines unversehenen Recontre verborgen oder damit bemaentelt werden wollen / so sollen diejenigen / so dergleichen Rencontres haben / es werde gleich einer blessiret oder nicht / ebenergestalt zur gefaenglichen Hafft gebracht / von dem Senatu Academico die Sache mit allen Umstaenden genau examiniret / nach Befindung / sie mit einem Coerperlichen Eyd belegt / oder / da andere Bedencklichkeiten mit unterliessen / die Sache gleichergestalt / wie obgedacht / unterthaenigst berichtet werden. Da aber einer von einem andern unvermutheter weise solchergestalt rencontrirt und mit Gewehr attaquirt wuerde / und die Gelegenheit desz Orts / oder die Force desz Gegners sich zu retirien nicht verstatten solle / auf solchen Fall bleibet einem jedweden das natuerliche Recht oder Selbst=Vertheidigung unbenommen / doch dast der Attaquirte sich in solchen Schranken halte / und das moderamen suæ tutelæ nicht ueberschreite und keine Gelegenheit zum Ausweichen ausschlage oder versaeume.

Nachdem auch einige Zeither auf mehrbesagter Unserer gesamten Universitaet Jena die hoechststrafbare Art / einander mit Karbatschen oder Pruegeln auf der Stuben oder oeffentlicher Gasse zu ueberlauffen / einreissen wollen / dergleichen ausserste Beschimpffungen aber nichts anders als grosse Verbitterungen und blutgierige Duelle nach sich ziehen können; Als soll derjenige / welcher einen andern solcher massen zu ueberlauffen und zu tractiren sich unterfaenget / so fort handfeste gemacht / und ohne Unterschied / es habe ihn der andere gleich zuvor affrontiret oder nicht / wegen angemaster selbst=Rache und aus Augensetzung seiner Obrigkeit mit eben der Straffe belegt werden / welche obberuehrter massen denen Provocanten gesetztet worden.

Damit aber diejenigen / so von andern mit real oder verbal Injurien angegriffen / oder in andere wege beleidiget worden / ihre Satisfaction erlangen / und frembden Muthwillen nicht unterworffen seyn moegen; so soll der Magistratus Academicus dem beleidigten auf dessen imploration oder denunciation zeitliche Huelffe schaffen / den Beleidiger / sofern das factum einiger massen beybracht / sofort arretiren lassen / die Sache genau / doch sonder Weitlaufftigkeit untersuchen / und / nach befundener Wahrheit den Beleidiger dahin anhalten / dasz er dem Beleidigten vorm Senatu Academico, wie auch in gegenwart derer Studiosorum, so mit bey der Beschimpfung gewesen / in deren Ermangelung aber in præsenz etlicher von beyderseits Tisch=Burschen oder Landsleuten eine oeffentliche Ehren=Erklaerung und Abbitte / auch wohl nach Befinden kniend thun / und Gerichtlich / bey Verlust seines ehrlichen Nahmens angeloben / ihn weiters in keinewegs vor sich oder durch andere im wenigsten wieder zu beleidigen / oder fernere Revange zu suchen / worueber der Verbrecher nach Gelegenheit der Umstaende mit drey oder vierwoechentlicher incarceration belegt werden kan.

Waere aber die injuria nimis atrox oder freventliche Thaetlichkeiten mit untergelauffen / ist der Injuriant zur gefaenglichen Hafft und die Sache an Uns zu bringen / da wegen haerterer Bestraffung Verordnung ergehen soll.

Nicht minder sollen auch diejenigen/ so diese Unsere wohlbedaechtige Verrodnung schimpflich zu traduciren sich unterfangen / oder auch andere / die ihre erlittene Beleidigung beym Magistratus Academico klagend angebracht / dezhalber spoettlich oder veraechtlich halten werden / ebenmaessig so fort arretiret und nach Befindung mit gleicher Straffe / als die Injurianten angesehen werden.

Da auch in vorher erzehlten Faellen der Thaeter sich auf fluechtigen Fusz begebe / und zur Hafft nicht zu bringen waere / hat mam (Rechtschreibfehler) mit edictal Citation und auf ferners ungehrosames Aussenbleiben in contumaciam wider denselben zu verfahren / und die deprecation und Erklaerung durch den Pedell / oder nach Beschaffenheit des Verbrechens / durch den Buettel oder Scharfrichter zu bewerckstelligen / auch im uebrigen die Relegation, oder was sich sonst seiner Bestraffung wegen gebueret / zu verfuegen.

Wir befehlen demnach Rectori, saemtlichen Doctoribus, Professoribus und Magistris Unserer gesamten Universitaet Jena / auch allen deren Incorporirten und Verwandten / ingleichen allen und jeden daselbst befindlichen Studiosus, jetzigen und kuenfftigen / als zu deren besten diese Unsere Verordnung ergehet / wie auch Unserm Amt und dem Stadt=Rath zu Jena / nebst der gantzen Buergerschafft und Einwohnern / und begehren gnaedigst / es wolle ein jeder seines Orts solcher allerdings gemaesz nachleben / die Vorgesetzten auch straecklich und mit Ernst darob halten / und sich diszfalls aller Verwantwortung entladen / die Studiosi aber durch muthwillige Contravention ihnen selbst due unausbleibliche harte Bestraffung nicht ueber den Halsz ziehen.

Wie dann/ und damit sich niemand mit der Unwissenheit zu entschuldigen haben moege / dieses Mandat nicht allein jetzo gewohenlicher massen publiciret / sondern auch bey Unser gesamten Universitaet / weniger nicht als Unserm Stadt=Rath zu Jena jaehrlich einmal abgelesen / und einem jeden ankomenden (Überstrich) Studiosi bey der Immatriculation ein gedrucktes Exemplar hiervon von dem Rectore Academiæ zur Nachricht zugestellet werden soll. Daran geschiehet Unser ernster Wille und Meinung.

Uhrkuendlich ist diese Unsere Verordnung zum Druck gebracht und durch oeffentlichen Anchlag zu Maennigliches Wissenschaft publiciret worden. So geschehen und geben Eisenach den 24. Septembr. Anno 1694.

Johann Georg / Hertzog zu Sachsen.
(L.S.)

Anmerkungen

(1) Die Ämter Jena (mit der Universität) und Allstedt kamen im Jahr 1690 zum Herzogtum Eisenach, nachdem die Linie des  Herzogtums Jena erloschen war. Siehe  Bergmann, Gerd: Ältere Geschichte Eisenachs von den Anfängen bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. Eisenach: Eisenacher Geschichtsverein e.V., 1994, S. 338.
(2) „Deß Durchläuchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Johann Georgens, Hertzogs zu Sachsen, Jülich, Cleve und Berg ... Duell-Mandat Und Verordnung.“ Universität Augsburg, Signatur 02/XII.6.4.142angeb.3. [Digitalisat Universität Augsburg]
(3) Das Duellverbot stand in einer Reihe von Erlassen: 1641 gab Herzog Wilhelm ein Rescript an den Stadtrat von Jena, 1659 wurde in einem Visitationsdecret ein Duellverbot ausgesprochen und in den Jahren 1684 und 1693 erschienen neue Duellmandate. Siehe Keil, Richard und Keil, Robert: Geschichte des Jenaischen Studentenlebens von der Gründung der Universität bis zur Gegenwart. (1548-1858). Eine Festgabe zum dreihundertjährigen Jubiläum der Universität Jena. Leipzig: F. A. Brockhaus 1858. S. 108-112.
(4) Zur Duellgesetzgebung im Alten Reich u.a. Ludwig, Ulrike: Das Recht als Medium des Transfers. Die Ausbreitung des Duells im Alten Reich. S. 159. In: Ludwig, Ulrike und Krug-Richter, Barbara und Schwerhoff, Gerd (Hg.): Das Duell. Ehrenkämpfe vom Mittelalter bis zur Moderne. Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft, 2012. Zu den Policeyordnungen u.a. Iseli, Andrea: Gute Policey. Öffentliche Ordnung in der Frühen Neuzeit. Stuttgart: Eugen Ulmer, 2009.
(5) Richard und Robert Keil zählen allein mehr als ein Dutzend Todesfälle in Jena durch Duelle in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts: 1657, 1661, 1663, 1665, 1666, 1676, 1682 (in diesem Jahr zwei Todesfälle), 1683, 1687, 1689 1696 und 1697. Siehe Keil/Keil: Geschichte des Jenaischen Studentenlebens von der Gründung der Universität bis zur Gegenwart, Vgl. ebd. S. 112.

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