Dienstag, 22. August 2017

Hs. Aa298 - The transcription continues

von Dorothee Klein und Jan Schäfer

Während sich die bereits transkribierten Seiten 5 und 6 der Handschrift Aa298 der Sammlung Palais Liechtenstein Archiv mit grundlegenden Elementen des spanischen Fechtens Destreza wie der Körper-, Arm- und Waffenhaltung beschäftigen, beschreiben die Seiten 43-46 Techniken, die aus einem Atajo (= ein Prinzip in der Fechtkunst Destreza, die eigene Klinge in eine Position zu bringen, die der feindlichen überlegen ist) entweder innen (auf Seite 44) oder außen (auf Seite 45) herrühren. Seite 46 ist mit 'Universal' überschrieben. Seite '43' ist mit Anmerkungen beschrieben, die sich ausnahmslos alle auf Seite 44 einfügen. Es ist davon auszugehen, dass der Autor zuerst Seite 44 schrieb (diese ist für sich genommen bereits mit zahlreichen Randbemerkungen versehen) und dann weitere Anmerkungen auf Seite 43 unterbrachte.
Wie im ersten Teil unserer Transkription richten wir uns auch dieses Mal nach den Marburger Transkriptionsrichtlinien.

Der Text:

[43]

[44]

Wenn du des feindes wehr von innen, id est, wo seine brust ist, bedekt
hast.

supra / wena du dem feind die wehr atairet1
hast und er bleibt stil ihn zu verwunden mit einem stich
oder taglio2 f 23.b

1° Wenn der feind unter dem kreuz caviret3, und feriren4 will mit einem stichec so dritt
auf deind hand der wehre 5, unnd bedek den punto6. Wiltu aber feriren, so bald
er unter dem kreuz caviret, so drit auf dein seiten der wehr7[,] gehe vorwarts das du pesser weichen könnest und mit deinem forte gehe auf das debole8 des feindesf und stich gerad gegen des feindes axl.
Wann das beschehen so dritte alsbald vort mit dem linkeng andernh fues und
nimb mit der andern hand die wehr des feindes bei dem kreuz also das du sie ihm
aus der hand dreieni kanst.j

Wenn der feind unter deinem kreuz caviren und die wehr sugetiren9 will, so
gehet er auf sein lehre hand unnd zurückk, so mustu oder contra caviren, und wieder wie vor sugetiren
und auf die lehre hand10 gehen, oder du lest ihn die wehr sugetiren und bedekst den punto.
Item. dritt zuruk unnd ein wenig auf dein lehre seitten11 wie f: 25 b zu vernehmen ist.l mit einemm passo12 von 4 schritten oder so gros des feindes schrit ist von pie bis Hn 13

N: Wann man den punto bedecken will, so mus man die
finger außwarts halten, bedekestu den punto, wenn des feindes wehr dich auf
deiner rechten hand feriren will, so mustu NB den drit auf deine linke
hand thun, bedekestu dich aber auf deiner linken hand, so mustu den
dritt auf die rechte hand thun.

General ist, der wehr stets nachgehen, wenn man sie ein mal atairet hatt.

2° Wenn der feind sein wehr libriren14 undo caviren will unter der punto unnd sich retirieret15 unnd also dein wehr sujetirn willp, so
gehe du hinwech so vil er zurük gehet, damit du wieder in die mensur16 kommest, du kannstq
es sicher thun denn im retiriren feriret der feind keinen als der ihn selbst an die wehr einläst.r gehet er auf ein seitten, so gehe du auf die ander, unnd
sujettire die seine auf der andern seitten.

3°. Wenn der feind unter deinen punto caviret und gehet auf sein lehre seitens und ein merot taglio machen will,
wiltu sogiogiren17, so gehe in dem er den moto macht auf die seiten der wehr gegen des feindes axlv
unnd sogiogire des feindes wehr auf der andern seitten.
Wiltu feriren, so bald des feindes wehr unter deiner heraus ist, so stosse gerad zu wie oben
N°. 1 vermeldt ist.

4°. Wenn der feind unter deinen punto caviret, auf sein lehre seitten gehet, und ein völlig
revers18 machen will, so sogiogire ihm die wehr auf die seiten der wehr gehend, wie bei N 3
vermeldt ist. Wenn der feind unter deiner punto caviret und gehet ein, und will den
angulo19 so die wehr machen occupirn20 mit seinem leib und ein revers machen,
so thue wie f. 25 b. und f 26 gezeichnet ist.w

Wenn der feind einen revers machen will, und gehet gegen
seiner lehren seitten, thue wie f: 23. b. 23.x

Wenn der feind under deinem kreuz caviret und ein völ-
ligen taglio machen will und gehet auf sein seitten der wehr, so
thue wie f 26.y

5°. Wenn der feind unter deiner punto caviret und gehet auf sein lehre seitten und will
ein stocata21 thun, so thu wie N° 3.


[45]

Wenn du des feindes wehr von aussen bedekt hast.

Wenn der feind unterz deiner punto caviret ein ½ revers macht, und gehet auf
sein seitten der wehr, so gehe du auf die ander seittenaa auf die lehre
seitten und attaiere auf der ander seiten[,] man kanab auch feriren bei des feindes meroac revers (aber nicht sicher) und mus alsdan den schritt vor sich machen.ad. Wiltu feriren so drit eben also
unnd an statt des attairen, stos geradt und drit ein wenig pesser
hinzu.

Wenn der feind unterae deineraf punto caviret, und ein punta sagita22 macht, so
gehet er auf sein seiten der wehr, so gehe du ut supraag

Wenn der feind unter deiner punto caviret, und ein taglio macht....
gehe du auf dein lehreah seitenai, unnd attaire, / man kan auch feriren eben
mit dem drit ein wenig vorwerts, ist aber nicht gar sicher.

Wen der feind unter dein kreuz caviret und stost, und drit auf sein
seitten der wehr / so dritt du auf die lehre seitten und attaiere / oder
anstat des atairen ferire pesser hinzugehend.

Max NB wenn du atairen wilt so mustu auf die seitten tretten,
damit du in der ersten mensur bleibest. / Wiltu aber
anstatt des atairen feriren, soaj mustu den drit pesser hinzu
thun.

Wenn der feind unter deinem kreuz caviret und die wehr sugetiren will,
(so thue wie obgemeld bei N°. 1. signo [...]ak.
Den ganzenal revers kan er nicht wol thun, wie auch den ½ taglio nicht
denn der erste gibt ein zu grosses tempo, unnd der andere endblöst sich
zuviel.

[46]

Universal23

Wenn du in der universal des feindes wehr auf die einam seitten nider wilst drucken
unnd dein wehr destewegen auf dieselbe seittenan bewegestao / so mustu al-
zeit auf die ander seitten gehen als ex gemma24 bewegestu die wehr auf die
linke seitten, so mustu auf die rechte seitten gehen.

Wenn du des feindes wehr schwech an deinerap wehraq befindest, so
dreiestu die selbe selber herumb, / caviret er sie selber so
volgstu ihr, mit deiner wehr unnd drittst herumb den
quadrado am feind zugewinnen.

Wenn des feindes wehr aberar starkas ist auf deiner wehr so thue dein
spitz zu deinem kreuz von dort hastu nahender an seinem leib
ihn aber auch unter der axl [...]at primera intentionau 25 zu feriren das thue mit deinen drit von des feindes punto wei-
chend /. Oder du kanst die wehr des feindes mit deiner wehr unter der
punto an seiner wehr vortfarend, caviern, und (wenn der feind dein
wehr von innen attairet hatt,) ein meroav revers machen[,] mit den lehre fus herein tretend und die wehr mit der andern hand nehmendaw[,] hatt er aber von aussen attairet ein ganzen revers, alles mit dem dritt.

Oder aber wiltu warten wenn du den punto bedeckt hast, das der feind ein moto26 thue, will er dich feriren oder deine wehr, so gehe nur gerad auf gegen sein gesicht. Oder aber behalt den punto bedeckt und gehe in die enge mensur alsdanax gehe ein wie hie unden bei signoay gemeldt ist.az

Wenn du in der engen mensur den punto bedeckt hast, so kanstu
eingehen und die wehr des feindes mit der andern hand fassen
beinebens ½ revers oderba wennbb der punto inwendig bedeckt wordenbc einen revers mutiren, wenn der
punto auswendig bedekt worden, noch aber des feindes punta die wehr hervorthuend. / Item ist der punto inwendig bedekt, so kanstu einen ½ revers an fues geben und darfst nicht dein wehr ober des feindes wehr caviren.

N: Dies kanstu thun auch, wenn du den punto bedekt hast und
noch in der weiten mensur bist.bd

Wenn der feind den punto tapiret27 hatt von inwendigbe und unter deiner wehr fest anligtbf
so fahre an seiner wehr herab unnd drette auf die seitten
unnd thue ein halben revers an elbogen. / Wenn der feind auswendig
den punto bedekt, so kanstu gleiches thun mit einem 1/2 taglio.

Wenn des feindes wehr fest auf deiner aufligt so cavire unter
seiner punto und mache ein mero revers oder taglio nach gelegenheit
wo die wehr bedekt ist. Oder cavire unter seinen kreuz unndt
stos ein punto.

Die Seiten im Original:

"Seite 43". Bildquelle: LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz-Vienna. Hausarchiv, FA248.
"Seite 44". Bildquelle: LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz-Vienna. Hausarchiv, FA248.
"Seite 45". Bildquelle: LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz-Vienna. Hausarchiv, FA248.
"Seite 46". Bildquelle: LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz-Vienna. Hausarchiv, FA248.

Anmerkungen zur Transkription:

a Davor gestrichen: [unleserlich].
1 Vermutlich vom spanischen Wort "atajo".
2 Vermutlich vom spanischen Wort "tajo". Der Tajo ist ein Hau von rechts.
b Auf vorangehender Seite eingefügt: "supra / wen du dem feind die wehr atairet
hast und er bleibt stil ihn zu verwunden mit einem stich
oder taglio f 23."
3 Mit dem Wort "caviren“ greift Gundaker auf ein Wort italienischer Fechtterminologie zurück.
4 Vermutlich vom portugiesischen Wort "ferida" / ("herida" auf Spanisch). Die Ferida ist die Wunde bzw. Vewundung.
c Über der Zeile eingefügt: "mit einem Stiche".
d Gestrichen: "rechte".
e Über der Zeile eingefügt: "der wehr".
5 "Hand der Wehr" meint vermutlich die rechte Hand.
6 Punto (span.): der Punkt, in diesem Zusammenhang vermutlich die Schwertspitze.
7 "Seite der Wehr "meint vermutlich die rechte Seite.
8 Debole (ital.): die Schwäche. In diesem Fall die Schwäche der Klinge.
f Am linken Rand eingefügt: "gehe vorwarts das du pesser weichen könnest und mit deinem forte gehe auf das debole des feindes".
g Unterstrichen: "linken".
h Über der Zeile eingefügt: "andern".
i Bedeutet vermutlich: drehen.
j Gesamter Satz eingefügt unter Absatz 2°.
9 Vermutlich vom Spanischen "sujetar" (=festhalten, unterwerfen) abgeleitet.
k Über der Zeile eingefügt: "und zurück".
10 "Lehre Hand" meint vermutlich die linke Hand (= die leere Hand, also die hand, die keine Waffe hält).
11 "Lehre Seite" meint vermutlich die linke Seite.
l Eingefügt unter der Zeile: "unnd ein wenig auf dein lehre seitten wie f: 25 b zu vernehmen ist."
m Über der Zeile eingefügt: "einem".
12 Passo (ital.): der Schritt, Tritt.
n Gesamter Absatz eingefügt unter Absatz 5°.
13 Gemeint ist mit H vermutlich ein Punkt auf dem Schrittdiagramm von Narvaez.
14 Vermutlich vom spanischen Wort "liberar" = sich von etwas befreien oder lösen.
o Über der Zeile eingefügt: "sein wehr libriren und".
15 Vermutlich vom spanischen Wort "retirar" = zurücktreten oder zurückziehen.
p Über der Zeile eingefügt: "und also dein wehr sujetiren will".
16 Vom ital. "misura" = Maß, Abmessung. Hier greift Gundaker wieder auf ein Wort italienischer Fechtterminologie zurück.
q Über der Zeile eingefügt: "so vil er ... du kannst".
r Am linken Rand eingefügt: "es sicher thun ... die wehr einläst".
s Über der Zeile eingefügt: "und gehet auf sein lehre seiten".
t Auch "mezo" wäre eine mögliche Leseweise für das Wort.
17 Vermutlich ebenfalls vom Spanischen "sujetar" (=festhalten, unterwerfen) abgeleitet.
v Eingefügt unter der Zeile: "gegen des feindes axl".
18 Vermutlich vom Spanischen "revés" (=Rückhand(hieb)) abgeleitet.
19 Angulo (span.): der Winkel.
20 Occupare (lat.): belegen. 
w Gesamter Satz am Seitenende eingefügt.
x Gesamter Satz auf vorangehender Seite eingefügt.
y Gesamter Satz auf vorangehender Seite eingefügt.
21 Stoc[c]ata (ital.): der Stoß, Stich.
z Gestrichen: "der".
aa Eingefügt: Zeichen unbekannter Bedeutung.
ab Gestrichen: "ihn".
ac Auch "mezo" wäre eine mögliche Leseweise für das Wort.
ad Am linken Rand eingefügt: "man kann ... vor sich machen".
ae Gestrichen: "der".
af Über der Zeile eingefügt: "deiner".
22 Bislang unbekannt.
ag Hinter dem supra ist eine Verbindungslinie hin zu dem „Wiltu“ drei Zeilen darüber eingefügt. Möglich ist, dass der Satz drei Zeilen darüber eigentlich hier unten angefügt werden sollte.
ah Über der Zeile eingefügt: "lehre".
ai Gestrichen: "der wehr".
aj Durch übergeschriebene Zahlen wurde die Satzstellung nachträglich korrigiert.
ak Verweis auf ein Einschubzeichen eines Absatzes der vorigen Seite: "Wenn der feind unter deinem kreuz caviren und die wehr sugetiren will, so gehet er auf sein lehre hand ...".
al Über der Zeile eingeschoben: "ganzen".
23 Sehr wahrscheinlich ist hier der "Atajo" gemeint
am Vor "ein" gestrichen: "d".
an Gestrichen: "deiner wehr".
ao Über der Zeile eingefügt: "bewegest".
24 Bislang unbekannt.
ap Gestrichen: "hand".
aq Über der Zeile eingefügt: "wehr".
ar Gestrichen: "schwach".
as Über der Zeile eingefügt: "stark".
at Unleserlich.
au Über der Zeile eingefügt: "aber auch unter der axl [...] primera intention".
25 Primera intention (span.): Erste Absicht (eines Angriffs).
av Auch "mezo" wäre eine mögliche Leseweise für das Wort.
aw Am linken Rand eingefügt: "mit den lehre fus herein tretend und die wehr mit der andern hand nehmend".
26 Moto (ital.): die Bewegung.
ax Gestrichen: "thue wie".
ay Dahinter ein Pfeil-Zeichen, das auf den nächsten Absatz verweist.
az Gesamter Absatz am linken Rand eingefügt.
ba Gestrichen: "taglio und".
bb Gestrichen: "die wehr".
bc Über der Zeile eingefügt: "wenn der punto inwendig bedeckt worden".
bd Es ist nicht klar, wohin diese Nota gehört.
27 Vermutlich vom Lateinischen "tapes" (=bedecken) abgeleitet.
be Über der Zeile eingefügt: "von inwendig".

bf Über der Zeile eingefügt: "an".

Sonntag, 2. April 2017

Transkription der Handschrift Aa 298 – eine Sneak Preview

von Dorothee Nau und Jan Schäfer

Die Handschrift Sig. Aa 298 der Sammlung Palais Liechtenstein Archiv wurde 2015 von Florian Fortner und Julian Schrattenecker mit freundlicher Unterstützung des Palais Liechtenstein Archiv digitalisiert.


Thomas Winkelbauer, der diese Handschrift 1999 erstmalig in seinem Buch „Fürst und Fürstendiener. Gundaker von Liechtenstein. Ein Österreichischer Aristokrat des konfessionellen Zeitalters“ erwähnt, schreibt über sie: "ein Heft mit eh. Notizen, die Gundaker im Oktober 1616 in Prag aus einem Buch des Don Luis Pacheco de Narváez exzerpierte (höchstwahrscheinlich aus dessen im Jahr 1600 in Madrid erschienenem "Libro de las grandezas de la espada"."1



Wir transkribieren die Handschrift nach den Marburger Transkriptionsrichtlinien.2
 
Der Text ist vom Autor Gundaker von Liechtenstein teilweise zweispaltig angelegt und vielfach mit Randnotizen und Einfügungen versehen worden. Wo es uns sinnhaft erschien, haben wir versucht, auf den einzelnen Seiten Zuordnungen zwischen Einfügungen und zugehörigen Texten vorzunehmen, wo diese (offensichtlich) zusammengehören (sollen).

Eine erste Version der Transkription ist als Arbeitsstand fertiggestellt. Einen Ausschnitt dessen möchten wir hier vorstellen: die ersten beiden Seiten (im Digitalisat PDF-Paginierung Seite 5 und 6). Alle Fußnoten am Ende des Textes.

Der Text
2da parte.1

C: un longo,2

Pie.3

f37. Die fües beisamen in guter proportion
den rechten mit dem zeh gegen den feind.
Den linkena aversato4 37b nicht zu nahend beisamen.
in angulo moderato5 42b.
Diese proportion der füs soll in allen ac-
tionen gehalten werden f:37b.
Idem6 zu observiren7 wen man den linken
fus hivor setzt f 37b.
Der rechte fues ist der erste im vortgehen, der
linke der erste im weichen, in einem volgt
der linkec in deme der rechte. 38b. al-
zeit wider in die obgemelte distanz
die fües setzend. Der erste fues soll
alzeit forn sein, ausser wenn man mit
dem linken verwundet. 38b.
39. und 40 figuren der postura.

Corpo.8

Den leib gerad halten. Damit der profilo
gerad sei (welches eines von den funda=
menten ist des fechtens.)

Bracio.9

Den arm unnd die wehr 22b.d gerad. 1° Damit du deine bewegung
mit weniger mue und freier acudir10
1° me[h]r stark im arm, 2.° den feind pesser zu
erlangen, 3.° sich versichern vor der wehr unden im el-
bogen.

Corpo.

Profilato11 (.)e die seiten jegenf die brust undg nicht gerad gegen des feindes wehr.
1.° weil man den feind nicht so wol erreichen kan, 2°
weil man des feindes bewegung nicht so behend verhindern
kan, alzeit in profilo gegen den feind gehen wennh
der linke fus vorn sein mus, alßdan auch sein
die linke seiten vorn[?] in profilo. 43b. es wäre

[Seite 6]

dan? in etlichen stücken 43b.

Bracio. Spada,12

In rect[-]angulo13 soll man mit der wehr
bleiben, weder uber sich noch unter sich
weder auf die rechte noch linke hand
feriren14, den es erlengert die lini, wie
f:45 b: 46 und figure 39 zeigt.
Man soll nie die wehr von der lini
oder punto des armirens15 (welches die
brust ist) wek thun. 46. den die lini wirdt
verlengert.

N Tretas16, die man macht in B.C.D.E.F.G.H.I.
46b bis 48.

Bracio

wenn man den arm recht helt, so kan man
avitiren?17
Ricorres18 in die bewegung contrarias19, verhindernd
die stich und zugleich verwundend, und die
streich ingleich mit reversen20 und cavate21
uberwinden ohne riporo22, nur mit verwunden
einmal im anfang des movimento vio-
lento23 und das ander mal im vollenden des
natural movimento24 allein mit dem das die
fues supleriren25, mit den schritten auf
die seitten der circumferenz26, dem so da
manglt, sich in proportion zu bringen, wie
angedeut werden solle. 48b

Spada,

Die wehr festi halten ut27 f:49. Der tacta28 wird also
gewisser und bekannter, ein sehr vornemer

NB Nunct29 zur defension und offension der daher kommtj pesser [...] kendtlich und ...k tatto30 49b.l
wie absonderlich gelehrt wirdt.

Anmerkungen:
1) Winkelbauer, Thomas: Fürst und Fürstendiener. Gundaker von Liechtenstein. Ein Österreichischer Aristokrat des konfessionellen Zeitalters. Wien/ München 1999. (Seite 453 Fußnote 16)
Auch in Winkelbauer, Thomas: Gundaker von Liechtenstein als Grundherr in Niederösterreich und Mähren. Normative Quellen zur Verwaltung und Bewirtschaftung eines Herrschaftskomplexes und zur Reglementierung des Lebens der Untertanen durch einen adeligen Grundherrn sowie zur Organisation des Hofstaats und der Kanzlei eines „Neufürsten“ in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Wien 2008. (Seite 465 Fußnote 56)

Anmerkungen zur Transkription:
1) Ital.: zweiter Teil
2) bislang unklar
3) Ital.: Fuß, hier vermutlich im Sinne von Fußstellung
a) Entweder ein + - Zeichen mit unbekannter Bedeutung oder eine Einfügung (verblichenes q mit dem Text: esser pronto a for ogni movimento 72b
4) Lat.: gedreht.
b) Über der Zeile eingefügt "37"
5) Span. od. Ital.: moderater Winkel
6) Lat.: auch
7) beobachten
c) Über gestrichen: "rechte"
8) Ital.: Körper
9) Ital.: Arm (braccio)
d) Am linken Rand eingefügt: "unnd die wehr 22b."
10) Ital.: kümmern
11) Ital.: Profil; hier wahrscheinlich zu lesen als „im Profil stehend“
e) Bislang unbekanntes Zeichen
f) Über der Zeile eingefügt: "die Seiten jegen"
g) Über der Zeile eingefügt: "und"
h) Am linken Rand: "NB", nota bene
12) Ital.: Schwert
13) Span.: rechtwinkelig, im rechten Winkel
14) Port.: verletzen
15) Unklar. Mutmaßlich heißt es 'armiren'
16) Span.: Finten, Listen
17) Unklar. Mutmaßlich heißt es entweder avitiren (unklare Bedeutung) oder avisieren (Span.: avisieren)
18) Span.: zurücklaufen
19) Lat.: Gegenteil
20) Span.: Revers-Haue schlagen (vermutl.)
21) Ital.: Cavieren
22) Ital.: Ausruhen (vermutl.), im Sinne von: ohne Pause
23) Span.: erzwungene Bewegung, im Fechtsystem des Destreza jede aufwärts geführte Bewegung
24) Span.: natürliche Bewegung, im Fechtsystem des Destreza jede abwärts geführte Bewegung
25) Ital.: ergänzen
26) Span. od. Ital.: (Kreis)Umfang
i) Über der Zeile eingefügt: "fest"
27) Unklar. Mutmaßlich: 'ut'
28) Lat.: das Berühren
29) Lat.: jetzt.
j) Über der Zeile eingefügt: "der daher kombt"
k) Unter dieser und der untersten Zeile eingefügt:"pesser ... kendtlich und ... tatto". Die Zuordnung des Textes an diese Stelle ist nicht ganz eindeutig, ein Teil des Textes ist durch die Falz verborgen.
30) Ital.: berühren
l) Am linken Rand eingefügt: "c: salvator". Ein Hinweis auf Salvator Fabris?